Bericht vom Studientag "Freiwilligendienste in der offenen Gesellschaft – Was leisten sie?"

Am 30.05.2017 fand erstmalig ein von der KeF angebotener Studientag statt. Der Studientag ist Teil der sich neu gebildeten Konferenz evangelischer Freiwilligendienste (KeF) und bietet eine offene Plattform für alle an den Freiwilligendiensten interessierten Personen aus Praxis, Wissenschaft, Politik und Verwaltung, sich über konzeptionelle und strategische wie praxisrelevante Debatten zu Freiwilligendiensten zu informieren und auszutauschen. In diesem Jahr stand der Studientag unter dem Motto „Freiwilligendienste in der offenen Gesellschaft – Was leisten sie?“.

Prof. Dr. Gisela Jakob von der Hochschule Darmstadt stellte in Hofgeismar fünf Thesen vor: Sie berichtete von der Entwicklung von Freiwilligendiensten zu einem zentralen Instrument staatlicher Engagement-Politik und sich einem dadurch aufzeichnenden staatlichen Zugriff auf zivilgesellschaftliches Engagement. Dieses führe zu einer Schwächung des Subsidiaritätsprinzips. Auch eine Verzweckung/Verdienstlichung des bürgerschaftlichen Engagements sei festzustellen. Prof. Jakob führte hier das Beispiel des Europäischen Solidaritätskorps (ESK) an, welches unter der Überschrift „Qualifikation junger Menschen und Befähigung für den Arbeitsmarkt“ steht. Das höhle den Markenkern der Freiwilligendienste aus. Das Potential von Freiwilligendiensten als bürgerschaftliches Engagement für Fragen der Demokratiebildung sei nicht zu unterschätzen, denn bürgerschaftliche Haltung und demokratische Kompetenzen müssten in jeder Generation neu gelernt werden. Freiwilligendienste böten aufgrund der Begleitung einen Rahmen für die Reflektion dessen, was im praktischen Handeln erlebt wird. Das Lernen von Partizipation und demokratischem Handeln ist daher an Bedingungen geknüpft.

Sonja Richter vom Comenius Institut, Evangelische Arbeitsstätte für Erziehungswissenschaft e.V., Münster, berichtete in ihrem Vortrag über Forschungsergebnisse zu internationalen Freiwilligendiensten und welchen Betrag sie zu einer offenen Gesellschaft leisten. Sie stellte drei empirisch fundierte Thesen aus wissenschaftlichen Studien vor: Internationale Freiwilligendienste unterstützen das „Lernen über sich selbst“, wirken als Verstärker (z.B. tragen sie zur Verstetigung von Einstellungen und Orientierungen bei) und können stereotypische Einstellungen verstärken. Das bedeutet, dass Freiwilligendienste als Ort der Selbstreflexion einen Betrag zur Persönlichkeitsentwicklung leisten, aber nicht automatisch einen Betrag zu einer offenen Gesellschaft leisten. Dies kann ihrer Ansicht nach nur geschehen, wenn Wirkfelder auf organisationaler Ebene und im Globalen Süden ausgebaut, der Millieuerhalt aufgehoben und die pädagogische Begleitung angepasst werden.

Die Teilnehmenden tauschten sich zu den Impulsen der Wissenschaftlerinnen aus.